Ab wann ist es zu heiß auf Arbeit? Hitzefrei auf Arbeit? – Ab wann deine Produktivität an ihre Grenzen stößt!

Hitze im Büro: Mitarbeiter schwitzt vor dem Rechner

In dieser Woche werden in Deutschland regional noch einmal hochsommerliche Temperaturwerte um die 35 Grad Celsius erreicht. Was die Hitze im Büro für deine Produktivität sowie für die Wirtschaft bedeutet, beleuchten wir in unserem Hitze-Special.

Dein Körper am Limit

Die Sonne brennt, das Thermometer glüht. Deine ersten Gedanken sind vielleicht: Eis essen, ein kühles Erfrischungsgetränk trinken, baden gehen und noch einmal versuchen, die bereits leicht vergangene Bräune der Haut zu reaktivieren. Das mag ja in deiner Freizeit gut möglich sein, aber die Buchhaltung im Pool zu machen, gestaltet sich wohl eher schwierig.

Um die nötige Kühlung trotz extremer Temperaturen zu erreichen, muss dein Organismus seine Belastungsfähigkeit deutlich erhöhen. Du schwitzt mehr, dein Kreislauf muss intensiver arbeiten und dadurch steigt auch deine Herzfrequenz.

Müde statt motiviert: Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)

  • Beschäftige empfinden ihre Arbeit ab einer Hitze im Büro von 26 Grad Celsius als erheblich belastender

Die Folgen:

  • sinkende Leistungsfähigkeit
  • Unbehagen
  • steigende Schläfrigkeit

Die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) warnt daher ausdrücklich vor konzentrationsbedingten Unfällen. Laut ihrer Aussage passieren 63% aller Unfälle an warmen Tagen.

Die niedrigste Fehlerquote sowie der geringste Beschäftigungsaufwand liegen laut BAuA-Studie hingegen zwischen 23 und 26 Grad Celsius.

Leistungsabfall durch Hitze

Mediziner und Ökonomen sind sich jedenfalls einig, dass es zu heiß zum Arbeiten sein kann. Dies bestätigen auch neueste Studienergebnisse. Zwölf Tage lang haben Umweltmediziner der Harvard Chan School die kognitive Leistung von 44 Studierenden vor, während und nach einer Hitzewelle verglichen. Dabei kam man zu dem Ergebnis, dass Studenten, die 12 Tage lang der Hitze ausgesetzt waren, eine deutliche längere Reaktionszeit bei Wörtertests hatten, als ihre Kommilitonen, die die gleichen Aufgaben in klimatisierten Räumen lösten. Laut der Gesellschaft für Gehirntraining führt ein Intelligenztest unter hohen Temperaturen dazu, dass Probanden bis zu 10 IQ-Punkte schlechter abschneiden würden, als bei durchschnittlichen Temperaturen.

Nicht zuletzt ermittelten mehrere voneinander unabhängige Studien, dass es zu einem Leistungsabfall komme, wenn mehr als 60 Prozent der Körperoberfläche mit Schweiß benetzt seien.

Hitzefolgen für die Unternehmen

  • Umsatz sinkt aufgrund von geringerer Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter
  • Umfrage der Wirtschaftsberatung PWC:
    • rund 20% der befragten mittelständischen und großen Unternehmen hatten Produktionsrückgänge während der Hitzewelle 2010
    • 16% hatten erhöhten Krankenstand
    • deutlich höhere Anzahl spontaner Urlaubsmeldungen bei jedem fünften Unternehmen
    • Beschäftige empfinden Arbeit ab Temperatur von 26 Grad Celsius als erheblich belastender

Hitze im Büro: Strategien aus dem Süden auch im Norden denkbar

Doch ohne die gegenwärtigen Temperaturverhältnisse zu verharmlosen, sind südliche Länder diesen und sogar noch höheren Temperaturen schon sehr viel länger ausgesetzt. Allerdings haben diese auch schon längst Maßnahmen ergriffen, um die, von Hitze verursachten, wirtschaftlichen Einbußen, zu reduzieren.
Die Siesta ist wohl eine der ältesten und bekanntesten Maßnahmen.

Aber wäre das einem Durchschnittsarbeitnehmer in Deutschland überhaupt zuzumuten? Anstatt 9 to 5 würde das entweder bedeuten, 6 to 2 oder eine Aufspaltung der Arbeitszeit auf den Vormittag und Abend. Dies bedürfte enormer infrastruktureller Anstrengungen und natürlich müsste auch der Arbeitgeber bereit dazu sein.

Hitze rauf, Wertschöpfung runter: Eine Beispielrechnung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung

Stadt Köln:

  • 4 zusätzliche Hitzetage (über 30 Grad): 26 Mio. Euro Wertschöpfungsminderung pro Jahr
  • 17 zusätzliche heiße Tage: 96 Mio. Euro Wertschöpfungsminderung pro Jahr

Aber nicht nur die Wirtschaft in Köln würde unter der zunehmenden Hitze leiden. Aufgrund der steigernden Temperaturen könnte nach aktuellen Berechnungen das weltweite Sozialprodukt bis zum Jahr 2100 um ein knappes Viertel sinken. Diese immensen Produktionsverluste drohen zumindest, wenn im Norden weiterhin so wie bisher gearbeitet wird.

Klimaanlage als Allheilmittel?

Die Forscher des Instituts für ökologische Wirtschaftsförderung schätzen in ihrer Köln-Studie, dass rund zwei Drittel aller Büroräume in Deutschland klimatisiert seien. Klingt erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes „cool“, Gesundheitsexperten der Krankenkassen warnen jedoch vor diesen vermeintlichen Erlösern, denn auch sie können die Produktivität der Mitarbeiter herabsenken.

„Der künstlich herbeigeführte Temperatursturz belastet den Körper ähnlich stark [wie Wetterextreme]“ – Winfried Plötze, Landesgeschäftsführer der Barmer-Krankenkasse in Baden-Württemberg

 

Mediziner empfehlen unterdessen schon länger einen maximalen Temperaturunterschied von 6 Grad Celsius zwischen Innen- und Außentemperaturen. Höhere Differenzen führen bei jedem Wechsel zu sogenanntem Kältestress. Bei erhöhtem Aufkommen trägt dieser zur Schwächung des Immunsystems bei und macht dich somit anfälliger für Infektionskrankheiten.

Deshalb raten Ökonomen der London School of Economics (LSE) eher zum Modell der Arbeitszeit-Anpassung. Die LSE-Forscher schlagen vor, dass an heißen Tagen auch Nordeuropäer lieber von 7 Uhr bis mittags arbeiten und dann noch einmal von 17 – 20 Uhr. So könne man hitzebedingte Leistungseinbußen umgehen.
Der Berliner Charité-Professor und Schlafmediziner Ingo Fietze unterstützt den Vorschlag, denn Mittagsruhe sei ein Leistungsbeschleuniger – übrigens auch bei niedrigen Temperaturen – vgl. Zeit-Podcast „Frisch an die Arbeit – Schlafmediziner Ingo Fietze“.

Hitzefrei für Arbeitnehmer?

In Deutschland sind Büroräume, die eine Temperatur von 35 Grad oder höher aufweisen, offiziell „Sperrzone“. Das heißt zwar nicht, dass du automatisch den ganzen Tag Hitzefrei bekommst, jedoch muss dein Arbeitgeber spätestens dann geeignete Maßnahmen zur Temperatur-Reduktion ergreifen. Solange die Temperatur nicht gesenkt werden kann, bleibt der entsprechende Bereich auch weiterhin als Arbeitsfläche ungeeignet – gleiches gilt übrigens auch fürs Homeoffice.

Zum Abschluss noch drei kühle Tipps gegen Hitze im Büro für dich

  • Halte bei hohen Temperaturen Fenster geschlossen, da Räume sich sonst zusätzlich erhitzen.
  • Nutze Wasserbestäuber zur Erfrischung deines Gesichts.
  • Trinke Apfelschorle mit einer Prise Salz. Ein prima isotonischer Durstlöscher.

Unsere Quellen und mehr Informationen

www.barmer.de
www.lse.ac.uk
www.baua.de
www.oekonomie-klimawandel.de

Empfehlungen

www.baua.de